Workshop zur Umsetzung von Vorhaben in der Bürgerbeteiligung

Umsetzungsstrategien für die Bürgerbeteiligung

12 Strategien für die Umsetzung von Projekten im Kontext von Bürgerbeteiligung

Mit Hilfe guter Methoden und erfahrener ModeratorInnen ist es nicht schwer in der Bürgerbeteiligung mit vielen Menschen schnell gute Ideen zu entwickeln. Auch finden sich oft sehr schnell engagierte Freiwillige, die diese Ideen ausarbeiten und in Projekt-Entwürfe verwandeln. In dieser Phase ist die Begeisterung oft hoch.
In vielen Fällen kommt jedoch bald danach die große Ernüchterung. Es passiert nicht viel mit den guten Ideen, vorgeschlagene Vorhaben werden bestenfalls von den Verantwortlichen in Stadt und Kommune angehört.
Vielleicht gibt es auch noch eine Zusage, den Vorschlag „mal mitzunehmen“, doch dann hören die Verfasser der Projektskizzen häufig nichts mehr davon. Das ist tückisch, denn es bleiben nicht nur gute Ideen auf der Strecke, es droht auch Resignation und der Verlust von Zutrauen in die Ernsthaftigkeit der Bürgerbeteiligung.

Wie entkommt man nun dieser Frustrations-Falle? Was können engagierte BürgerInnen und ModeratorInnen tun? Aus einem konkreten Projekt heraus haben wir folgende zwölf Strategien entwickelt, die wir hier gerne zur Verfügung stellen.

1. Projekt-Paten-Duos

Diese Strategie schlägt vor, dass jedes Thema und Projekt, dass aus einer Bürgerbeteiligung hervorgegangen ist, zwei Menschen als Paten braucht: Eine Person aus der Bürgerschaft, die sich in das Thema eingearbeitet hat und ein städtischer Vertreter, der möglichst nah an der Bewilligenden oder Umsetzenden Behördenstelle sitzt.
Beide Paten sollten in engem Kontakt sein, sich auf Augenhöhe begegnen, die Umsetzung der Idee zum Ziel haben und die Bereitschaft haben, ihre Rolle abzugeben, falls jemand anders geeigneter erscheint.

2. Paket-Nachverfolgung

Wenn ein Paket mit der Post unterwegs ist, kann der Empfänger über ein Online-Portal feststellen, wo sich die Sendung gerade befindet. Dieser Service steht als Analogie Pate für diese Strategie. Deren Kern ist die Idee, das sich jeder Bürger zu jeder Zeit informieren kann, was aus einem Thema geworden ist, wo die Diskussion dazu steht und welcher städtische Akteur eventuell gerade „am Zug“ ist. Diese Transparenz schafft eventuell erhöhte Verantwortungsübernahme.

3. Zerlegen und handhabbar machen

Viele Themen und Projekte sind einfach zu groß. Gelder können in der notwendigen Höhe nicht aufgebracht werden, zu viele unterschiedliche Perspektiven auf zu viele Teilaspekte vermindern die Beschlussfähigkeit. Hier kann „Zerlegen“ als Strategie helfen. Aus großen Ideen werden kleine Maßnahmen. Auf diese kleineren Pakete können die restlichen Strategien dann umso besser angewandt werden.

4. Kleinere Workshops zu einzelnen Themen und Projekten

Eventuell ist es nicht ausreichend, erarbeitete Inhalte an zuständige Ämter oder Gremien zu übergeben, bzw. sie aufzufordern, sich dazu zu äußern oder sogar die enthaltenen Konzepte umzusetzen. Die Verführung, sich gar nicht damit zu beschäftigen ist sehr groß. Diese Strategie schlägt vor, den Vertretern der zuständigen Ämter oder Gremien anzubieten, die Konzepte in einem eigens anberaumten Termin zu erläutern. Diesen Termin kann man sogar zu einem kleinen gemeinsamen Workshop ausbauen.

5. Werbung machen für entsprechende Ressourcen in den Ämtern

Sei es über den Oberbürgermeister oder über Dezernenten: Das Bereitstellen von Ressourcen (insbesondere Zeit für die Bearbeitung seitens Amts-Mitarbeitenden bzw. Verwaltungsangestellten) muss politisch gewollt und gefordert sein.
Diese Strategie zielt darauf ab, den politisch Verantwortlichen zu überzeugen, dass er die Bereitschaft und Unterstützung von Bürgerbeteiligung auch von den städtischen Ämtern einfordert.

6. Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)

Heutzutage haben auch Bürger durch soziale Medien leichten Zugang zu einer großen Öffentlichkeit. Diese Strategie zielt darauf ab, über bestehende oder neue Kanäle, ein noch größeres Publikum zu erreichen, als es mit den initialen Veranstaltungen der Bürgerbeteiligung bereits erreicht wurde. Auch die Presse kann dafür genutzt werden, auf die Ergebnisse der konzeptionellen Arbeit der Bürgerschaft hinzuweisen.

7. Magistratsvorlagen zur Kenntnisnahme oder Beschluss

Um zu vermeiden, dass der Verdacht entsteht, erarbeitete Konzepte könnten irgendwo in einer Schublade vergessen werden, kann es ratsam sein, eine Magistratsvorlage zu verfassen und einzureichen. Diese Vorlagen können „zur Kenntnisnahme“ oder „zum Beschluss“ eingereicht werden. Eine Garantie auf eine echte Reaktion der städtischen Gremien bietet auch das nicht, aber es erzeugt eine verlässliche Referenzierbarkeit.

8. Adaptives, iteratives Vorgehen

Viele Ideen sind zu groß, um sie direkt als Ganzes zur Umsetzung zu führen. Die wackelige Legitimation durch ein nicht mandatiertes Stadtteilforum ermöglicht zusätzliche Zweifel an der Richtigkeit von Konzepten. Adaptives, iteratives Vorgehen bedeutet, die gefundenen Lösung für ein Problem in Zyklen immer wieder mit Betroffenen (sowohl Bürger, als auch städtische Vertreter) zu besprechen, diese dadurch zu „Miteigentümern“ der Lösung zu machen und die Idee auch hinsichtlich Umsetzbarkeit noch zu verbessern. Ein Modell für ein solches Vorgehen liefert die Methode „Design Thinking“.

9. Ausprobieren

Vieles scheint aufwendig in der Umsetzung zu sein, lässt sich aber mit einfachen Mittel testen. Provisorische Veränderungen lassen Klarheit entstehen, ob die Idee oder Lösung gut ist und erzeugen hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Der Ansatz eine Idee „ausprobieren“ befreit zudem alle Beteiligten zudem vom Argumentations-Stress und gibt ein Eingeständnis ab, dass keiner den Erfolg einer Lösung garantieren kann.

10. Anfragen an Fraktionen oder einzelne Stadtverordnete

Menschen mit Zugang zum politischen System der Stadt sind häufig gewillt, Anliegen anzuhören und diese auch zu unterstützen. Anstatt ausschließlich die für eine Umsetzung in Frage kommenden Ämter anzusprechen, kann es sinnvoll sein, die eigene Kommunikation auf Fraktionen und Stadtverordnete auszudehnen.

11. Selbst machen

Manche Veränderungen müssen einfach von den Bürgern selbst herbeigeführt werden. So wie schon manches Klassenzimmer einfach von den entsprechenden Eltern am Wochenende gestrichen wurde, so können auch Veränderungen im Bereich der Bürgerbeteiligung schneller, oftmals günstiger und mit höherem emotionalen Bezug von den Bürgern selbst gestemmt werden. Soziale Technologien wie „Crowd Funding“ können bei der Finanzierung helfen.

12. Online-Diskussionen

Für die Legitimierung von Ergebnissen kann es entscheidend sein, dass erkennbar bleibt, wie diese zustande gekommen sind. Das ist ein weiteres wichtiges Argument für eine Online-Diskussion, die den Dialog in Veranstaltungen ergänzt. Für MitarbeiterInnen städtischer Gremien kann es zudem eine zusätzliche Motivation sein, sich unmittelbar anmit den Autoren einer Idee in Kontakt kommen zu können. Neben einer notwendigen, öffentlichen Plattform kann es für kleine Projektgruppen nützlich sein, interne Abstimmungen zusätzlich in einer geschlossenen Gruppe zu behandeln.
Natürlich empfehlen wir dazu unser selbst entwickeltes „tingtool“. :-))

Wir wünschen viel Erfolg!